Galerie 100 und Kunstverleih Lichtenberg

Gottsmann und Kruscha in „correspondence“
Nicht allein über und in ihren Bildern stehen die beiden Malerfreunde, Frank Gottsmann und Michael Kruscha, im anregenden Austausch, worin sich eine Wahlverwandtschaft bekundet. In ihrer malerischen Grundhaltung lässt sich durchaus Übereinstimmendes entdecken, nachdrücklich in der Flächigkeit, die viele ihrer Kompositionen der letzten Jahre charakterisiert und nicht selten in landschaftlichen Sujets mündet.
Zum einen zeigen sich bei Gottsmann städtische Räume und ländliche Gefilde als Pole, zwischen denen er sich bewegt. Zum anderen bevorzugt Kruscha die Draufsicht auf entleerte, Verborgenes freigebende Wüstenzonen oder Lausitzer Restlandschaften. Wobei interessanterweise beide Künstler den schichtenweisen Farbvortrag, manchmal mit collagierten Elementen angereichert, manchmal nicht nur übermalend, sondern genauso abtragend, bevorzugen. Hervortritt dadurch oftmals das klärende Vereinfachen, ein bewusstes Reduzieren im Bildgeschehen.
Doch unterscheiden sich die Arbeitsweisen denn deutlicher voneinander als der erste Blick freigibt. Michael Kruscha geht behutsam vor, wenn er in seine sich ausweitenden Farbflächen Collageelemente einbettet. Und zugleich geben sie ein wenig von ihrem Ursprung preis, tragen andeutungsweise Restlesbarkeit in die Bildatmosphäre. Diese Kompositionen wirken nicht selten wie Landkarten, transferieren aber in den sparsamen Markierungen offene Geheimnisse im Bildfeld.
In Frank Gottsmanns Malauffassung begegnen sich großzügig angelegte Farbflächen mit im Linienhaften verbleibenden Andeutungen von Gebäuden oder städtischen Konturen. Da stehen pastose Partien neben fast aquarellartig leichten Feldern. Den Wechsel von Flächigkeit und Rauheit durchziehen kontrastierend dergestalt zeichnerische Elemente.
Im Neben- und Miteinander der beiden malerischen Positionen treten der Betrachterin und dem Betrachter erstaunliche Differenzierungen, aber auch ein unverhoffter Gleichklang entgegen. Und häufig wirkt bei beiden Positionen etwas Prozesshaftes vom Auf- und Abtragen lebendig in die Bildlandschaften hinein.
Jörg Sperling